Bürde

„Es ist so schwer, zu tragen die Last, die mir gegeben. Ich sterbe, erdrückt von der Schwere meiner Qualen.“
Jerome Anders

Manhattan, New York – Erde 

Den ersten Teil ihrer Mission erfüllte Jessica, indem sie vier Priester sowie dieselbe Anzahl Elementkrieger gefunden und zusammengebracht hatte.
Drei Priesterinnen trugen die Bürde ihrer Stellenbeschreibungen aufgrund ihres Erbes.
Die Elfen, stammend von den drei magischen Planeten, hatten ihr Amt in die Wiege gelegt bekommen.
Yelina, Lichtelfe aus Lichthallen, Pura, erkoren zur Priesterin des Windes.
Shanti, Waldelfe des Dorfes Corrmas, Pulse Magia, erwacht als Priesterin des Waldes.
Nica, Schattenelfe, aufgenommen in Arsurra, Ecliso, trug den Titel der Priesterin der Flammen.
Naturgewalt Meer wählte Maris, ein Mädchen von der Erde, für die Besetzung der Priesterin des Meeres.
Die Quintessenzen der Elemente hatten derweil ihre Kriegerinnen bestimmt.
Maelle, Puras Prinzessin und Thronfolgerin, überzeugte die Luft wegen ihres Freiheitsdranges und ungezügelten Geistes.
Hanna beeindruckte die Erde, da sie ihre Familie um jeden Preis beschützen wollte und Familie die essenziellste, bodenständigste Gemeinschaft der Natur darstellte.
Die Sehnsucht von Laras Herzen lockte das Wasser hervor und führte beide zusammen.
Wenig Überzeugungsarbeit musste die Letzte leisen. Liens körperliche und mentale Stärke, ihre eiserne Willenskraft und ihr Mut zog das Feuer magnetisch an.
Königin Celestia, Allmutter der Magie, hatte Jessica Adams, Hexe, wohnhaft in Manhattan, Planet Erde, Angestellte des magischen Rates, beauftragt, die Führung ihrer Kriegerinnen zu übernehmen, welche die Hoffnung des Universums und gleichzeitig seine Last auf ihren Schultern trugen.
Ihre Mädchen waren allesamt jung, dachte Jessi. Sie verharrte am Fenster ihrer Suite, starrte aus dem sauberen Glas in die Nacht. Regentropfen trommelten gegen die Scheibe. Es schien, als ob der Himmel bittere Tränen weinte.
So jung!
Keines von den Mädchen hatte bisher die 20 erreicht, abgesehen von der Hexe selbst. Sicherlich vollzog sie die Gründe für die Erwählungen nach, dennoch hatten die jungen Frauen ihr ganzes Leben erst noch vor sich. Sämtliche Möglichkeiten standen ihnen offen. Nun, „normalen“ Teenagern würden alle Türen offen stehen.
Was, falls die Kriegerinnen im Kampf starben? Es waren doch Mädchen!
Yelina kam das erste Mal aus Lichthallen heraus, jeden Tag entdeckte sie mehr. Dies beabsichtigte auch Lara. Sie wollte erforschen und unvergessliche Bilder mit ihrer Kamera festhalten.
Jede von ihnen träumte.
Hannas innigster Wunsch sah ein friedliches Leben gemeinsam mit ihren Brüdern vor. Im Laufe der Zeit hatte sich die Mexikanerin geöffnet und ihre Geschichte geteilt.
Maelle erfreute sich an ihrer Freiheit, ohne Kai zu vergessen. Sie und Nica probierten alle erdenklichen Gerichte und feierten die angebotenen Speisen, wie kein Erdenbürger es tat. Darüberhinaus wünschte sich Nica nur noch eines, nie wieder nach Ecliso zurückkehren zu müssen. Am liebsten wollte sie auf der Erde bleiben, wo sie ausgerechnet in einem Zumba-Kurs ihre Leidenschaft für Tanz gefunden hatte. Sie und Shanti entwickelten eine stetig wachsende schwesterliche Beziehung. Ansonsten spielte Shanti liebevoll mit ihrem Freund, dem Kater. Bodenständig, wie sie daherkam, benötigte sie keinen Luxus, ausschließlich einen Park, ein paar Bäume und ihren pelzigen Kumpel.
Inzwischen hatten die Mädchen die kleinere Version eines schwarzen Panthers umgetauft. Lien hatte erklärt, auf Chinesisch hieß das Raubtier „Bao“. Von diesem Zeitpunkt an hieß Shantis Katze also Bao.
Lien fesselte ihre Kameradinnen mit ihrer herausragenden Kampfkunst. Eines Tages hoffte sie auf die Gelegenheit, an einem Turnier teilnehmen zu dürfen.
Im Gegensatz dazu strebte Maris nach einem Haus am Meer. Pausenlos dachte sie an Surfen und Schwimmen. Ihre Schwester Sonja würde sie dorthin mitnehmen, erklärte sie.
Jessica wünschte und betete, dass die Träume ihrer Mädchen in Erfüllung gingen. Untereinander entwickelten sie eine nach wie vor wachsende Freundschaft, nachdem sie Heimat, Familien und das Privileg der Normalität verloren hatten.
Ein unbekannter Feind lauerte im Schatten der magischen Reiche, hervorgekrochen aus Eclisos Unterwelt, Nermor. Niemand hatte die besagte Nekromantin zu Gesicht bekommen. Deren bloße Existenz, auch ihre unheilvolle Aura, jagten der Königin von Licht und Magie Angst ein. Zweifellos.
Furcht hatte die Herrscherin erst zur Nutzung ihrer Trumpfkarten verleitet.
Nacheinander hatten die Kriegerinnen der Königin Bekanntschaft mit der Gefolgschaft der unbekannten Feindin gemacht. Neben Dämonen hatten trickreiche Schwarzmagier den Mädchen den Kampf erschwert.
Die Kräfte der Schwarzmagier als Basis genommen, stand folgende Problematik im Raum: Wenn die Gefolgschaft dermaßen mächtig war, welche Ausmaße erreichte dann die Macht ihrer Herrscherin?
Aus der Frage heraus widmete sich Jessica ihrer nächsten Herausforderung. Kritisch kniff sie die Augenlider zusammen, legte ihre Stirn in Falten. Das Trommeln des Regenschauers synchronisierte mit dem Pochen ihrer Kopfschmerzen. Sicher waren die bohrenden Spannungsschmerzen aus ihrem Grübeln entstanden. Sie seufzte.
Für den Kampf gegen das Böse musste sie die Kriegerinnen vorbereiten und ausbilden. Fragte sich nur, wie zur Hölle sie das anstellen sollte!