Die Königin von Licht und Magie
„Zieht großes Unheil über die magische Welt, erhebt sich das Böse und fallen die Reiche, erstrahlt aus der Dunkelheit ein Licht, der Königin Kind wird geboren, um den Kampf zu bestreiten. Siegt es, gleicht’s einem Opfer, das Universum dauert an, doch das Kind muss sterben.“
Magie existiert.
Hervorgebracht von den schönen Träumen der Menschen.
Jeder Traum eines jeden Sterblichen entfacht einen Funken. So war es schon immer. Mit den Jahrtausenden, in denen die Menschen auf der Erde weilten und ihre Anzahl stetig wuchs, vervielfachte sich die Zahl der magischen Fünkchen. Zunächst schwebten sie einzeln im weiten Weltall umher, ziellos, doch stets im Umkreis der Erde. Die menschliche Rasse, Individuen voller schöner Träume, zog die Partikel magnetisch an. Plötzlich verband eines sich mit weiteren.
Diese erste Verkoppelung löste eine gewaltige Kettenreaktion aus.
Durch sie entstand vor 3518 Jahren, als sich alle magischen Urpartikel des Universums bündelten, die Königin.
Die Königin, ein Wesen der Reinheit und Magie, einsam und zunächst verwirrt über ihr Erwachen, ihre Geburt, suchte einen Ort, an dem sie bleiben konnte.
In der Erde fand sie keine passende Heimat.
Die Bewohner dieses Planeten schienen nicht bereit für ein Wesen, wie sie es war.
Anhand unzähliger Asteroiden erschuf die Königin ihr Königtum.
Lume, das Königreich von Licht und Magie, spendete ihr fortan Zuflucht.
In ihrem Weißen Palast thronte sie, überblickte das ferne All.
Wo immer aber Licht schien, existierte auch Schatten. Dies entsprach den ungeschriebenen Richtlinien des Universums, dem Gesetz der Gegensätzlichkeiten.
Im Schatten verbarg sich Dunkelheit.
Mit fortschreitender Zeit veränderten die Menschen ihre Träumereien, hegten nicht mehr ausschließlich reine, selbstlose Wünsche.
Manchmal bargen sie recht schlechte Absichten. Ähnlich der guten, manifestierten sich böse magische Kräfte. Aus ihnen entstanden die Dämonen. Fortwährend versuchten die aus Bösem geborene Kreaturen das magische Gleichgewicht des Kosmos zu stören und die Oberhand über das Kräfteverhältnis zu gewinnen.
Die Königin bekämpfte die dunklen Mächte zeitweilig selbst, als ihre eigenen noch ausreichten. Leider bedingten schlechte Träume voller Zorn, Eifersucht, Neid, Stolz, Egoismus, Habgier, Missgunst und fehlender Güte die Entstehung einer Übermacht.
Die Königin spürte, sollte sie je vernichtet werden, würde alle gute Magie mit ihr vergehen, das Böse ohne Gegenwehr im Universum existieren, vielleicht sogar die Erde verschlingen und alle Menschen verderben.
Ihr Geschlecht würde sich mit Hass begegnen und gegenseitig ausrotten. Angesichts dessen erschuf die Königin ihre ersten Krieger.
Menschen von der Erde, die einen außergewöhnlichen Glauben an das Übernatürliche besaßen, zudem reinen Herzens waren, von ihr ausgestattet mit großer Stärke und Kräften, dem Bösen zu begegnen und es zu besiegen.
Wie ursprünglich die Königin benötigten ihre Krieger eine Zufluchtsstätte.
Somit erschuf die Königin drei magische Welten, deren Namen lauten:
Pulse Magia, Planet pulsierender Magie.
Pura, Planet immerwährender Reinheit.
Ecliso, Planet ewiger Finsternis.
Diese drei bildeten das Tribunal, ein kosmisches Dreieck, welches das Gleichgewicht der Mächte aufrechterhielt und dem Universum Frieden schenkte.
Lume lag in dessen Mittelpunkt. Im Laufe der Jahrhunderte entstammten dem Kreislauf von Gut und Böse verschiedene Arten magischer Geschöpfe. Lichtelfen nutzten die Magie des Lichtes, lebten auf Pura. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, verletzte Krieger zu heilen. Nach Ecliso verbannt, führten Dämonen und Magier, die ihre Magie aus der Dunkelheit beschworen, ferner für das Schlechte einsetzten, schon jeher den Kampf ums Überleben. Schattenelfen beobachteten und bewachten diese Kreaturen, löschten sie gegebenenfalls aus, sollten die Kämpfe ausarten. Sie galten als die Gefängniswärter des magischen Reichs. Nicht selten, wagten einige mutige den Versuch von Ecliso zu fliehen. Gelang es ihnen, versteckten sie sich zumeist auf Pulse Magia. Waldelfen, welche ihre Magie überwiegend aus der Natur bezogen, bewohnten das blühende Land, eine größere, mit Magie überschwemmte Version der Erde. Ihnen verdankte das Böse letztlich die Rückkehr in den Kerker, ihrer Rasse gehörten die besten Jäger der gesamten Galaxie an.
Die Königin besuchte gelegentlich die wachsende, reifende Erde. Sie mochte die Menschen, Normalsterbliche ohne besondere Kräfte, im Gegensatz dazu auch ohne Sorgen kosmischen Ausmaßes.
Eines Tages traf die Königin auf einen Mann. Normalerweise zeigte sich die Königin den Menschen nicht. Alleinig ihr außergewöhnliches Aussehen, ihre schillernde, makellose Gestalt, machte sie zu einem Fremdkörper in dieser Welt. Doch der Mann, mit seinen langen weißblonden Haaren, den tiefblauen Augen und dem wie aus Stein gemeißelten Körper, lies sie aus Neugier für einen Moment ihre Vorsicht vernachlässigen. Aus der einer sehr ungeplanten Begegnung wurden weitere. Schließlich war die Königin auch Frau.
Dank seiner guten Seele und seinem aufrichtigen Herzen, lud sie den Mann schließlich in ihr Königreich Lume ein.
Bald wurde er ihr König.
König Koleos gab seiner Gemahlin einen Namen, unter dem sie fortwährend lebte – Celestia. Wahrlich passend wählte er ihn. Für König Koleos entsprach Celestia einem Geschenk des Himmels.
Ihre erste Zusammenkunft begab sich im Jahre 1494, Erdenzeit, in Bari, Königreich Neapel, Italien. Seitdem hegte Königin eine Freude an der italienischen Sprache.
Später gewann das Böse zum ersten Mal tatsächlich die Oberhand, das Gleichgewicht drohte zu bersten, die Krieger selbst konnten nichts ausrichten.
Unvermittelt wurde die Königin schwanger.
Wenige Augenblicke nach Feststellung ihrer Schwangerschaft gebar sie ihr Kind bereits.
Das Kind wuchs in Rekordzeit.
Sobald das Dunkle auf dem Höhepunkt seiner Macht schien, kämpfte die als junge Frau herangereifte Tochter der Königin.
Ein Wesen solch magischer Energie und Güte hatte zuvor noch keiner gesehen.
Es siegte. Jedes einzelne Mal, wenn sich in der Geschichte das Böse erhob. Immer endete sein Leben nach dem Kampf.
Um das universelle Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, durfte weder das große Böse, noch das große Gute existieren.
Deshalb schenkten der König und die Königin ihrer Tochter immer wieder aufs Neue das Leben, nur um sie kurze Zeit später sterben zu sehen.
Der Kreislauf von Leben und Tod wiederholte sich in 524 Jahren sechsmal.
Beim letzten Erwachen des Kindes geschah es dann. Das Kind vertrieb das Böse, doch Abkömmlinge lauerten weiterhin in den Schatten. Trotzdem starb es.
Über das Warum schweigen Königin und König bis heute.
Im Hintergrund der drei magischen Planeten harrt das Grauen nunmehr aus, wartet auf den richtigen Augenblick.
Die Königin vermeldete keine neue Schwangerschaft.
Ohne das Kind, die Trumpfkarte der guten Mächte, entstanden aus Liebe zwischen König und Königin, geriet das gesamte magische Universum in Bedrängnis.
Die Krieger hielten sich bereit.
Dennoch blieb abzuwarten, ob die Krieger diesmal eine Chance hatten.
Wir schrieben das Jahr 3518 des magischen Universums – Jahr 2018 Erdenzeit.
Die Königin blickte von einem ihrer Balkone des Weißen Palastes gen Himmel, bestaunte die drei Planeten des Tribunals.
So viele Lebewesen, so viele unschuldige Seelen.
Falls die Stärke ihrer Krieger nicht genügte, wären sie alle verloren.
Einen letzten Ausweg gab es noch. Möglicherweise.
Doch nie zuvor musste Königin Celestia ihn nutzen, oder gar in Erwägung ziehen …