Krafttier: Aufstieg der Tigerin - Eine Leseprobe 


Ursprünglich stammten Geister beschwörende Mystiker, gemeinhin als Schamanen bezeichnet, aus Sibirien. Die spirituell und religiös betagten Spezialisten für überirdische Phänomene stellten dank ihnen zugesprochener, magischer Fähigkeiten Kommunikation zur Geisterwelt her. Sie fungierten in der Position des Vermittlers zwischen Suchenden aus dem Diesseits und Gesuchten aus parallel verlaufenden Dimensionen.

Die Existenz der Schamanen ließ sich bis zur mittleren Steinzeit zurückverfolgen. Im Laufe der Geschichte tauchten sie in verschiedenen, traditionellen Kulturen auf. So lehrte der heilige Medizinmann nordamerikanischen Indianerstämmen den gewissenhaften Umgang mit Heilmitteln, schöpfte zudem Kraft aus der Interaktion mit geistigen und naturverbundenen Wesen.
Ungeachtet erlangter, fachlicher Qualifikationen trugen Heilkundige unterschiedlicher Religionen sowie Geisterbeschwörer und Wahrsager verallgemeinert den Titel Schamane.
Moderne Neoschamanen boten ihre Tätigkeiten gegen Bezahlung an. In der Regel bestritten sie dadurch ihren Lebensunterhalt.
Ein Teilbereich ihrer Arbeit umfasste das Erspüren und Deuten von Krafttieren.
Freund, Wegbegleiter, Seelengefährte, Lehrer – das alles symbolisierten die Geister in Tiergestalt.
Nicht ausschließlich im Fernen Osten fand eine nachgesagte, durch fragwürdige Zeugenaussagen nachgewiesene, positive Wirkung Bedeutung, in der westlichen Esoterik spielte sie ähnliche Rollen.
Lange ausgefeilte Methoden halfen den Beschwörern Verbindung aufzubauen.
Hinterher begegneten die Rufenden ihren zugeordneten Gefährten zumeist im Traum.
Wurde der Mensch seinem Seelentier gewahr, verwob ein Band die beiden Schicksale miteinander.
Schamanen erklärten, dass ein solches Geschöpf jeden Homo sapiens begleitete. Auch dann, wenn er es nie zu Gesicht bekam.
Selten erlangten glückliche Individuen Kenntnis über die einzigartige Verbindung. Denjenigen sagte man nach, die speziellen Fähigkeiten ihrer Astralwesen verliehen bekommen zu haben. Schläue, Durchsetzungsvermögen, Lebenswillen, List, Tapferkeit. Um einige Anlagen aufzuzählen.
Eines der begehrtesten Krafttiere überhaupt, gleichzeitig die größte auf der Erde lebende Katzenart, war der Tiger.
Etwaige Glaubensrichtungen, unter anderem der Buddhismus, verehrten ihn als einen weisen, Licht bringenden Führer und Helfer in der Not. Insbesondere für Verlorengegangene.
Verständlicherweise schätzten ihn viele Kulturen wegen seiner imposanten Erscheinung. Sie assoziierten seine Respekt einflößende Ausstrahlung mit Kraft, Macht, Wachsamkeit, zeitgleich mit Wut und Zorn.
Tauchte das Krafttier Tiger auf, schlüpfte es entweder in die Rolle des Beschützers oder appellierte an den Kampfgeist seines Herrn. Kam die Raubkatze aggressiv daher, verhalf sie ihrem Günstling, das gemeinsame Revier zu verteidigen. Ein friedlich die Träume durchschreitender Tiger wies auf einen bevorstehenden Wandel hin. In diesem Falle führte der Gefährte seinen Menschen durch den Dschungel des Lebens auf seinen erstrebten Weg.
Welches Motiv sein Auftreten veranlasste, der Tiger repräsentiere die Eigenschaften Freiheit, Durchsetzungsvermögen, Zivilcourage, nicht zu vergessen, Mut.
Heutzutage glaubten Menschen nur selten an die Existenz des Übernatürlichen, geschweige denn an helfende Tiergeister, gar Seelengefährten. Gefangen im Alltagstrott, überwanden sie ihre Ängste, Sorgen und Hindernisse allein. Alternativ mit ihren Therapeuten.
Scheiterten sie an ihren auferlegten Prüfungen, schrieben sie ihr Versagen der Einfachheit halber der Volkskrankheit Depression zu. Im Nachgang suchten sie weniger anspruchsvolle Herausforderungen.
Wahre Krieger existierten lange nicht mehr.
Ohne aufrichtige Träume, tiefen Glauben und unschuldige Herzen verdienten Menschen die Unterstützung ihrer Krafttiere nicht. Vorrangig nicht die des Tigers!
Derjenige, dessen Hilferuf ehrlich ins weite Universum hallt, sollte angeforderte Hilfe erhalten.
Manches Mal im Geiste, gelegentlich im Traum.
Niemals, soweit bekannt, verzeichneten Mensch und Krafttier Begegnungen außerhalb der Traum- oder Geisterwelt. Bislang erwies sich kein Sterblicher eines realen Treffens würdig.
Bis zu einem verheißungsvollen Tag im Leben einer jungen Frau …

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