Die Legende von Tiger und Drache / Teil 2 / Drachenfeuer - Eine Leseprobe
Dieses verdammte Arschloch von Tigris! Erst verschleppte sie der Mistkerl an den Arsch der Welt, jetzt durfte sie dem dort entdeckten Anderwesen auch noch allein hinterherjagen. Nicht, dass sie seine Hilfe benötigte. Im Gegenteil, er nervte sie bloß! Aber sein endloses Herumkommandieren ging ihr dermaßen auf die Eierstöcke! Freya lachte über die Absurdität der Situation. Gerade kletterte die stolze Erbin der Draconis an der hinteren Mauer eines alten Kinos nach oben! Dabei scheuerte sie sich, trotz langer Jeanshosen, ihre Knie wund. Fluchend beneidete sie das vor ihr flüchtende Alien-Scheusal. Mithilfe seiner naturgegebenen, gewaltigen Sprungkraft, benötigte es lediglich zwei Hüpfer um komplett hinaufzugelangen. Eiligst legte Freya einen Gang zu. Bestimmt ließ Ermano sie deshalb allein. Wände emporkraxeln, sah einfach uncool aus. Das könnte ja seinem Image als Unterwäschemodel schaden! Unter Ächzen und Stöhnen gelangte Freya endlich auf das Dach. Wo waren die Superhelden Gene, wenn man sie brauchte? Immerhin bedeckte ein Flachdach das Cine Teatro Italia. Somit gestaltete sich der kommende Kampf einfacher! Direkt vor Freya stand die Menschenform des Anderwesens, offenbar auf sie wartend. Bedrohlich knurrte es. Gott sei Dank sprang das Dreckvieh nicht wieder vom Dach runter! Kurz schweifte Freyas Blick über die malerische Aussicht. Zugegeben, die Welt besaß echt einen traumhaften Arsch! Im Süden Siziliens, innerhalb der Provinz Ragusa, lag die Stadt Scicli, welche gleichzeitig als Gemeinde diente und weitere Ortsteile umfasste. Etwa 27.000 Einwohner lebten hier. Ähnlich anderen sizilianischen Städten, erkannte das aufmerksame Auge, anhand hier verbreiteter Gebäude, den typischen Barock. Freya liebte diesen Stil! Seit sie ihren Fuß das erste Mal auf die Insel setzte, schwirrten Schmetterlinge in ihrem Bauch umher. Wie gut, dass sie momentan auf der Insel der Sonne bleiben durfte! Ihre Schwärmereien wurden jäh unterbrochen. Dem Außerirdischen ging ihre Ignoranz wohl auf die Nerven. Keifend stürzte er auf sie, verlor massig triefende Spucke. Anmutig bewegte sich Freya zur Seite, zog indessen ihre Sai Gabeln, die rechts und links in speziellen, um ihre Oberschenkel gebundenen Holstern steckten. „Nun denn“, lächelte sie, „schälen wir deine Haut ab. Mal sehen, was darunter zum Vorschein kommt!“ Mit gezückten Waffen preschte das Drachenmädchen vorwärts. Alien in Tarnung versuchte sie mittels einem Schwinger aufzuhalten, doch das Vorhaben sah Freya längst voraus. Blitzschnell duckte sie sich unter dem angreifendem Arm hindurch, stieß ihre Klinge mitten in des Gegners Bauch. Qualvoll schrie er. Oje! Hoffentlich hörte das niemand auf der Straße! Hastig legte Freya nach, hinterließ die Klinge vorerst im feindlichen Magen und schlug dem Eindringling aus einer fremden Welt ins Gesicht. Als ihre Faust auf seinen Schädel traf, knackten Knochen. Er taumelte rückwärts, seine Nase hing schief. Wahrscheinlich hatte sie den krummen Zinken gebrochen. Freya trat drei Schritte vor, genug, um die Distanz zu überbrücken. Derweil fand der verkleidete Mann seine Contenance und nahm die Stellung eines Boxers ein. Ob er die Waffe in seinem Leib ausblendete? Wie eine Ballerina, wich Freya tanzend den Boxhieben ihres Widersachers aus, den aktuell offenbar ein Motivationsschub ereilte. Unbarmherzig entließ er einen wahren Hagel an Faustschlägen. Freya grinste. Ein bisschen Action schadete keineswegs! Sobald dem unechten Menschen die Puste ausging, konterte sie. Zunächst blockte Freya einen schwächlichen linken Haken, zog dann ihre Sai Gabel aus dem Korpus ihres Gegners. Anschließend wirbelte sie um die eigene Achse, sprang und landete einen Sprungkick gegen seinen Kehlkopf. Röchelnd fiel der Knabe rückwärts. Freya platzierte ihre Stichwaffen in den Holstern, wirklich gebracht hatte sie die ja nicht. Ganz die Diva, verbeugte sie sich. „Warum nimmt etwas Cooles, wie das, keine Sau auf? Mein Video wäre der Renner bei YouTube! 100.000 Klicks und Abonnenten auf Instagram? Null Problemo!“ Ihre Freude währte nur kurz. Jetzt startete nämlich der eigentliche Kampf! Am ganzen Körper bebend, erhob sich der Alienmann. „Na? Streifst du endlich deine Hülle ab und lieferst mir einen echten Fight?“ - „Sieh dich vor, Frau!“, zischte der, wie Butter in Sonne zerfließende Mund. An diese Augenblicke gewöhnte sich Freya sicherlich nie! Der Moment, in dem die Anderwesen ihre menschlichen Masken fallen ließen! Ekelhaft! Sie schälten ihre Epidermis ab, häuteten sich, ähnlich den Schlangen. Doch ihr wasserfallartiges Entledigen menschlicher Haare, Augäpfel, Exkremente und so weiter, löste dermaßen Brechreiz bei Freya aus! Anfänglich würgend, kontrollierte sie ihren Würgreflex mittlerweile. Ständig hegte sie den Verdacht, im falschen Film gelandet zu sein.
Apropos falscher Film.
Wo blieb ihr Stunt Double, Mister Alleskönner eigentlich?
Im Gegensatz zur begrenzten Kraft in den humanoiden Formen, kämpften die wahren Anderwesen deutlich besser! Freyas derzeitiger Gegner maß ungefähr fünf Köpfe mehr wie sie! Rassentypisch verfügte seine Haut über einen aschgrauen Ton. Zottelige Haare reichten fast bis zum Boden. Des Anderwesens Klauen waren einzeln so lang wie Freyas Sai Gabeln.
Außerdem bemerkte sie: „Alter, du stinkst bestialisch! Badet ihr Viecher mal zwischendurch?“
Zum Unterstreichen ihrer Aussage, hielt Freya ihre Nase einhändig zu, die andere Hand winkte vor ihrem ekelverzerrten Gesicht.
Viech entsprach zudem einer treffenden Beschreibung. Die Fratzen der Anderwesen wirkten keineswegs menschenähnlich, eher animalisch. Als hätte die Natur eine Hundeschnauze mit etwas anderem kombiniert.
Erbost über Freyas Dreistigkeit, gedachte er wütend aufzuheulen. Flink warf sich Freya auf ihren Feind. Leider haute ihn die Wucht nicht um. Tatsache, er verfügte fortan über weitaus größere Kraft! Immerhin lenkte ihn Freya kurzzeitig ab. Wie sie an ihm hing! Beinahe wie eine Biene an duftenden Blumen!
Egal! Jedenfalls durfte er keine Gelegenheit für etwaiges Gebrüll bekommen!
Cine Teatro Italia lag inmitten der Piazza Italia. Bedeutete, unterhalb des Kinos schlenderten eine große Menge an Normalsterblichen munter durch die Gegend! Weder wussten sie von der Existenz extraterrestrischen Lebens, noch sollten sie je davon Wind bekommen! Dafür waren die Mädchen-für-alles-Erben nunmal da, nicht wahr?
Glücklicherweise schien die Sonne noch am Horizont. So früh am Abend verharrten die meisten Sizilianer zu Hause, machten sich erst später ausgehtauglich. Verging noch eine Stunde, wäre der Platz gerammelt voll!
Trotzdem, einige Exemplare, darunter Sonnenanbeter und Touristen, konnte Freya von oberhalb erkennen. Bis sie das Anderwesen ausschaltete, durfte sie niemand entdecken! Die Zeit lief!
Wo zum Henker steckte der verfluchte Tiger?
Anstelle Ermanos, vernahm Freya eine andere vertraute Stimme. Auf die Schlange war eben stets Verlass!
Das Anderwesen rotierte im Kreis, bezweckte Freya abzuschütteln. Unsanft rammte er seine Klauen in ihren Rücken. Gut, dass sie ein rückenfreies Top trug! Dauernd starben im Kampf massenhaft Klamotten einen grauenvollen Textiltod!
Freya unterdrückte einen Aufschrei, selbst als Alien ihr die Hinterseite vollständig aufschlitzte. Reflexartig löste sie ihren Griff. Das nutzte der Dreckskerl, sie von seinem Leib zu stoßen. Hart landete Freya an der Dachkante. Sie spähte hinunter. Zu ihrer Beruhigung entdeckte sie den Unterstützer der Erben, fabelhaften Kämpfer, Streitschlichter und oftmals Babysitter – Lisias Anguis. Ungewöhnlich für den eher wortkargen Mann, bequatschte, genauer gesagt unterhielt er die wenigen anwesenden Menschen. Wie lenkte er sie bloß ab? Schnell suchte Freya Lisias Ablenkungsmanöver. Hinten hörte sie bereits näher kommende, feindliche Schritte.
Oh!
Sobald das Anderwesen sie hochhob und auf die entgegengesetzte Seite schleuderte, verstand Freya Lisias brillante Strategie. Allen Ernstes setzte er Unterstützer Nummer Zwei ein, besser bekannt unter den gebräuchlichen Namen Zecke, Klette, Parasit, Nervensäge, oder Ethan Testudo Graeca. In seinem natürlich hässlichen Schildkrötenkörper wanderte Ethan über die Piazza. Lisias präsentierte sich selbst als Straßenkünstler, die Schildkröte als seine Attraktion. Genial! Kreischend tapsten sämtliche Kinder dem flotten Tierchen hinterher, die Eltern wiederum ihren Kindern. Deren Geschrei übertönte sogar die Kampfgeräusche von Höhe des Kinodaches.
„Okay, Arschgeige, die Show da unten funktioniert nicht ewig! Lass es uns hinter uns bringen!“, schlug Freya vor, entfernte mithilfe ihrer Handkante ein Blutrinnsal vom Mund. Das Anderwesen knurrte, Freya fasste seinen Laut als Einverständnis auf.
Unbedingt und unverzüglich benötigte sie einen wirksamen Schlachtplan!
Währenddessen benötigte auch die 99 Zentimeter lange Landschildkröte, in der Farbe frischen Schlamms, eine wirkungsvolle Strategie. So viele Kreise Ethan zog, um den Minimenschen zu entrinnen, die Kleinkinder bedrängten ihn laufend, versuchten auf Ethans Rücken zu gelangen.
Freya landete wiederholt auf ihrer Kehrseite. Menschenskind, das Alien war vielleicht anhänglich! Sein letzter Wurf presste ihr jegliche Luft aus den Lungen. Zudem brannten die vorher zugefügten Furchen fürchterlich! Zwar hörten sie auf zu bluten, die schließenden Wunden verursachten allerdings pochende Schmerzen. Freyas Anhänger, den sie um den Hals trug, eine Drachenschuppe der ersten Draconis, glühte. Neben ihm besaß sie nur ein weiteres Schmuckstück, das silberne Armkettchen, ein Geschenk von ihrem Patenonkel.
Sabber triefte aus dem Maul des Anderwesens. Okay, Plan A, auf ihn mit Gebrüll, funktionierte nicht. Plan B musste schnellstens her! Wie genau funktionierte Plan B noch mal?
Plötzlich roch sie ihn, den salzigen Geruch von Meerwasser, kombiniert mit Noten frischer Minze und Zitrusfrüchten. Verdammt, das wurde auch Zeit!
„Hey Draconis, du siehst mächtig verbeult aus!“ Mühelos betrat Ermano Vittorio Tigris, Arschloch, Oberarschloch, Giganto-Arschloch, Frauenheld und bis in jüngster Vergangenheit Jungfrau, das Flachdach.
„Wusste gar nicht, dass Tiger so pfiffige Kletterer sind. Vor allem, wenn ihre künstlich aufgeblasenen Eier auf dem Boden schleifen!“, stöhnte Freya.
Das Anderwesen schien weniger begeistert, einen zusätzlichen Gegner zu sehen. Deutlich angepisst brummte es, preschte unvermittelt los. Ermano, seinen monströsen Säbel offenbar nicht mitführend, packte das Alien im Lauf an der Kehle.
Welch fabelhaftes Vorbild testoetsrongeladener Männlichkeit!
Weshalb zerriss Ermano ihn nicht gleich mit bloßen Händen? Ächzend stand Freya auf.
„Wo zur Hölle bist du gewesen, Tiger?“, schalt sie.
Das Unschuldslamm warf ihr einen Blick zu, der die Frauen reihenweise zum Schmachten, sowie ihre Herzen zum Klopfen brachte, Höschen dagegen feucht werden ließ.
„Hab die Gegend ausgekundschaftet“, erwiderte er, ohne weitreichendere Informationen.
Alien zappelte, wie ein Fisch am Haken. Kurzerhand schmetterte Ermano dessen Schädel grob auf das Gestein. Blut spritzte, Tropfen hagelten und benetzten die Bodenfläche. Den schmerzenden Rücken reibend, schlenderte Freya ihrem Kompagnon entgegen. An seiner Seie entdeckte sie einen verräterischen Hinweis.
„Du Arschloch!“, giftete sie „Du hast Schokolade am Mundwinkel!“ - „Bacio“, verbesserte Ermano, als er die Substanz prüfend ableckte.
Kindliches Schmunzeln umspielte seine sinnlichen, jedoch meistens ernsten Lippen. Fast dachte Freya, sich verhört zu haben! Empört stampfte sie mit ihrem klobigen Stiefeln.
Inzwischen wehrte sich das Anderwesen unter Ermanos unnachgiebigem Griff.
„Du Drecksack! Als ich mir eben einen abrackerte, schlabbertest du also vergnüglich ein Eis?“ - „Zwei“, kommentierte er selbstbewusst, „und während ich gleichzeitig die Umgebung inspizierte!“
Von Zorn gepackt, trat ihm Freya den Schuh ins Gesicht. Meterweit haute ihr wütender Kick Ermano fort. Das befreite Anderwesen kam hastig hoch.
„Au! Was verflucht sollte das, Draconis?“, schimpfte Ermano. Ihr gemeinsamer Feind lachte. „Ja Erben! Vernichtet einander!“ - „Du hast Sendepause!“, diktierte Freya.
Aus ihrem Stiefel zog sie ein Messer, welches sie heute Vormittag Lisias klaute.
Kaum gezielt, aber gut geworfen, bohrte sich die Klinge, über das bereits vorhandene Loch, in den Bauch des Anderwesens.
Gepeinigt jaulte es, krümmte seinen Leib vor Qual.
„Äh. Wollten wir das Ding nicht lautlos killen?“
Stirnrunzelnd rieb Ermano seine gerötete Nase.
„Wolltest du mit dem Eisessen nicht auf mich warten?“, konterte Freya zickig.
„Liebe Güte, ihr Menschen seid furchtbar!“, mischte sich das Anderwesen erneut ein, baute sich wieder zur vollen Größe auf.
„Halt’s Maul!“, riefen Ermano plus Freya unisono, sprinteten gemeinsam Richtung Feind.
Gleichsam Ermano das feststeckende Messer ergriff, aufwärts zog und den aschfahlen Oberkörper aufschlitzte, fasste Freya ihre Sai Gabel, nutzte Ermanos Bein als Sprungbrett und schnitt dem Außerirdischen die Kehle durch.
Sofort sackte er zusammen.
Um keine unerklärliche Leiche zu hinterlassen, beschwor Freya ihr inneres Feuer, formte mithilfe ihrer Handflächen einen physischen Flammenball, verbrannte damit die Überreste und vernichtete jedweden Beweis.
Zufrieden klopfte sie staubige Asche von ihrer Jeans.
„Jetzt will ich auch, was du hattest! Die Eiscreme geht auf dich, Tiger!“
Vor etwas mehr als einem Jahr war Freya noch eine gewöhnliche Frau.
Gefühlt deshalb, da ihr das Schicksal an ihrem 17. Geburtstag besondere Fähigkeiten schenkte. Damals beschwor sie zwar noch kein Feuer, schaffte sich auch nicht in einen Drachen zu verwandeln, doch ihre körperliche Stärke, Schnelligkeit und ihre Instinkte überwogen die Kräfte jedes anderen Individuums bei Weitem. Sie spürte, sie erhielt ein kostbares Geschenk, entsprach hinterher nicht mehr der Norm.
Bei den Draconis symbolisierte der 17. Geburtstag die Volljährigkeit, Tigris erreichten sie schon mit 16 Jahren.
Durch Erlangen ihrer Volljährigkeit, erwachten die Urinstinkte der Erben.
Damit ausgestattet und völlig überfordert, zog Freya bei ihren Adoptiveltern aus, flog anschließend allein nach Japan und suchte ihren Patenonkel.
Der nahm sie überglücklich auf.
Erst kürzlich arbeitete sie noch in seiner eigens aufgebauten Firma. Happy End.
Dann kam der Tiger!
Urplötzlich trieb Freya keine Verbindlichkeiten von Schuldnern mehr ein, oder vermöbelte böse Buben, sondern musste die Welt retten! Erbe, Gene, Bestimmung, bla bla bla.
Am Arsch!
Schlagartig fiel das Kartenhaus ihres Lebens zusammen.
Sicherlich hinterfragte sie stets, woher ihre außergewöhnliche Kraft stammte. Nebenbei wirkte sie optisch höchstens wie Anfang 30.
Kein Mensch dachte, dass sie längst die 40 überschritt.
Wobei, Freya war nichtmal das beste Beispiel dieser außerordentlichen Gene.
Ermano lebte seit mehr als 100 Jahren und schien genauso maximal 30.
Trotzdem, Freya wünschte, sie könnte ihr altes, unbeschwertes Dasein fortsetzen.
Stattdessen kämpfte sie in einem Krieg mit Außerirdischen, die ihre Vorfahren Anderwesen nannten. Ihr Patenonkel, ein gewöhnlicher Mensch, unterstützte sie, wurde aber unmittelbar angegriffen.
Dadurch erwachte eine neue Macht in Freya, sie wandelte abermals ihre Form.
Inzwischen beherrschte sie die einzelnen Transformationen recht gut.
Im Gegensatz zu Ermano, der lediglich die tierische Gestalt eines weißen Tigers annahm, wählte Freya zwischen einem monströsen, gigantischen Drachen und einem winzigen Pups.
Das große Exemplar besaß kräftige Beine, mächtige Schwingen, einen blaugrün glänzenden, schuppigen Körper und Arme mitsamt scharfer Krallen. Inklusive coolem Nebeneffekt, Feuer spucken. Perfekt geeignet für jede Schlacht. Der Winzling hingegen, inspiriert durch chinesische Drachen, verfügte über kurze Beinchen, jedoch einen lang gezogenen Körper. Dadurch schlüpfte Freya einfach zwischen den Reihen ihrer Feinde hindurch. Oder nervte schlicht Ermano.
Verwandelte sich der Tiger in den Tiger, verspürte Freya stets das Bedürfnis sein samtiges Fell zu streicheln.
Zwischen seine spitzen Zähne gedachte sie allerdings nicht mehr zu geraten.
Beim ersten Aufeinandertreffen, rangelten der weiße Tiger, sowie der grünblaue Drache miteinander.
Ihre Familien galten jeher als verfeindet. Das Blut ihrer Nachkommen beinhaltete diese angeborene Ablehnung. Ihr Erbe erzeugte eine natürliche Rivalität. Kein Wunder also, dass die aktuellen Genträger bei ihrem ersten Treffen aufeinander losgegangen waren. Und hinterher hatte Witzbold Ermano verkündet, sie müssten gemeinsam die Welt retten. Was ein Scherzkeks.
Ihr Kampf endete, gemäß Freyas Betrachtungsweise, unentschieden.
Natürlich glaubte Mister Macho gewonnen zu haben.
Verfügte Freya damals schon über ihre dritte Form, versohlte sie ihm bestimmt den Arsch.
Das letztlich erhaltene Design stellte eine Mischung aus Mensch und Tier dar.
In Freyas Fall bedeckten hübsch anzusehende Schuppen Brüste, plus Schambereich.
Einzelne wuchsen zusätzlich an Armen und Beinen, verzierten sie wie Körperschmuck.
Ihre Augen glühten, genauso ihre Haut.
Obgleich sie den menschlichen Torso behielt, spuckte sie Feuer durch ihren Mund.
Ohnehin physisch bemerkenswerte Kräfte erstarkten um das Vielfache.
Was Ermano anging, verhielt sich die Wandlung ähnlich. Ein massiver Pelz, beschreibbar als eine Art Kilt, umschloss seine Hüfte.
Jedoch verfügte das flauschige Fell über einen goldenen Schimmer im Weiß, natürlich mit den typischen schwarzen Querstreifen.
Ermanos Augen leuchteten in einer Mischung aus Gold, Bernstein und Honig.
Nebstdem verstärkte die Transformation ebenso seine Physis.
Von seinem Mannsbild bekam Freya selten genug, nie sah sie sich daran satt.
Ihm gegenüber gab sie die Tatsache keinesfalls zu. Vordergründig, da er sie nach der ersten, leider einzigen gemeinsamen Nacht niemals mehr angerührt hatte. Dabei registrierte sie seine Zuneigung. Inzwischen waren Freyas animalische Instinkte alltagstauglich. Stets spürte sie Ermanos wechselnde Duftnoten, seine innerliche Anspannung, oder vielmehr Zerrissenheit.
Der Starrkopf redete aber nicht darüber. Stattdessen tat er alles menschenmögliche, sie auf Abstand zu halten, was ihm null gelang. Beide zickten, kämpften entweder mit- oder gegeneinander, zickten abermals, stritten, kämpften wieder, stritten, vertrugen sich letzten Endes.
Jedes Mal, wenn Freya schwor, ihn bis ans Lebensende zu hassen, bewegte er sich einen Schritt auf sie zu. Ein solches Gefühlschaos hielt doch kein normaler Mensch aus.
Ermanos Launen wechselten, wie Freya ihre Unterwäsche.
Bald würden sie eine Soap drehen können. Die Einschaltquoten wären ihnen sicher.
Lieber konzentrierten sie ihren Fokus auf wichtigeres.
Den letzten Krieg gewannen die Erben vielleicht im Namen der Menschheit.
Aber zweifellos stand der nächste Kampf bevor.
In der Vergangenheit spürten Tigris und Draconis das Eindringen der Anderwesen in diese Welt. Sie kamen durch schwarze Löcher, die ihnen als Portale fungierten. Sobald die Aliens den Erdboden berührten, spürten sie die Erben auf, vernichteten sie, alles war gut.
Neuerdings fanden die Mistviecher einen Weg, die aktuelle Generation zu unterwandern. Aus einem unbekannten Grund schufen sie äußere, perfekt den Menschen imitierende Hüllen. Es erweckte den Anschein, als zogen sie diese an, analog Kleidungsstücken.
Optisch unterschieden sie sich zu null Prozent von den Erdbewohnern. Selbst ihren Geruch tarnten sie. Anderwesen aufspüren, fiel fortwährend schwerer.
Glücklicherweise fanden Ermano und Freya einen Weg.
Die Anhänger ihrer Halsketten, Tigerzahn und Drachenschuppe, Überlieferungen einstiger Vorfahren, bildeten gemeinsam das Yin Yang Symbol.
Durch ihr Zusammenfügen vermittelten Visionen wahrscheinliche Aufenthaltsorte der Extraterrestrischen.
Nun, einige Zeit zurück, ließen die visionären Mächte nach.
Eventuell ging der Akku leer?
Deshalb ergriffen Tigris und Draconis drastische Maßnahmen.
Dachte Freya an den Tag, oder wohl eher die Nacht zurück, lief ein Schauer ihren Rücken hinunter. Nicht vor Ekel, gar Qual, sondern Erregung!
Tja, unglücklicherweise luden die Dinger ihre Batterien wieder auf, die bis heute hielten.
Ergo folgte kein weiteres Schäferstündchen in trauter Zweisamkeit!
Fortuna verschaffte ihren Amuletten sogar ein Upgrade. Befand sich ein Anderwesen in unmittelbare Nähe, glühten die Anhänger förmlich. Glühen im Sinne von Haut versengen! Wennschon, dennschon!
Zwar wiesen ihre mystischen Amulette Freya und Ermano den richtigen Weg, allerdings vernichteten sie ausnahmslos unbedeutende Fußsoldaten. Sprich, sie dezimierten die Anzahl an feindlichen Kämpfern, ohne einen entscheidenden Schachzug zu landen.
An einem oder mehreren ihnen nicht bekannten Ort auf der Welt mussten bestens organisierte Brandherde walten.
Die Gruppe um Ermano, Freya und Lisias (Ethan trug weniger dazu bei) fand heraus, dass sich die Anderwesen nicht nur als Bürger dieses Planeten tarnten, sondern die Personen tatsächlich existierten!
Offenbar übernahm ein Alien die Identität des Individuums, welches er vollkommen, auf jede erdenkliche Weise ersetzte.
Wie das ging und was mit dem einstigen Menschen passierte, studierte aktuell die Forschungsabteilung der Tigris.
Deren Recherchen liefen auf Hochtouren!
Eins stand zweifelsfrei fest, die Anderwesen wählten ihre Opfer bewusst!
Neben gewöhnlichen Leuten, den künftigen Fußsoldaten, kopierten sie Regierungsbeamte, Staatstiere sowie Einflussträger bei Polizei und Armee.
Darüberhinaus arbeiteten sie an speziellen Waffen.
Letztes Jahr unternahm das Quartett der Genträger einen Ausflug in den Amazonas.
Dort jagten Anderwesen verschiedenen Toxinen nach, unter anderem dem eines Pfeilgiftfrosches.
Die Forschungsabteilung fand heraus, die Anderwesen waren gegen die meisten, auf der Erde vorkommenden Gifte immun. Ausnahme bildete das von Anguis.
Als der Phönix seine Macht verteilte, wusste er wohl, was er tat!
Jene außerirdische Rasse schien gegen Schlangen- und Froschgifte immun zu sein, die Spezies der Menschen war es nicht. Planten sie insofern, die Menschheit anhand eines weltweiten Giftanschlags auszulöschen, überlebten alleinig die parasitär ersetzten. Damit hätten die Anderwesen gewonnen.
Je mehr Tage, Wochen und Monate vergingen, desto besser tarnten sie sich, desto länger hielt ihre Fassade.
Anfänglich schmolz ihnen schon der kleinste Gefühlsausbruch wortwörtlich die Visage vom Gesicht. Emotionen wie Wut, Aufregung, Furcht, bewirkten eine sofortige Veränderung ihrer Aura. Ihre Tarnkappen fielen.
Augenblicklich passierten ihnen die gleichen Fehler nicht mehr.
Es schien, als ob sich ihre Fähigkeiten, plus ihre Wissenschaft kontinuierlich weiterentwickelten.
Reifte ihr Fortschritt in diesem Tempo weiter, hätten die Erdlinge schon bald ein ersthaftes Problem!
Obendrein bekümmerten Freya, Ermano und Lisias ein beunruhigender Gedanke. So absurd ihr Verdacht ausgesprochen auch klang, so wahr vermochte er vielleicht sein.
Teilweise lagen Jahrhunderte zwischen den Angriffen der Anderwesen. Im Laufe dieser Zeit entwickelten sich Zivilisationen der Menschen fort.
Unter normalen Umständen fänden sich die Außerirdischen auf der schnelllebigen Erde niemals so weit zurecht, einen perfiden Plan dieser Größenordnung zu schmieden. Es sei denn, jemand half ihnen dabei!
Was die Vermutung nahe legte, dass jemand von der Erde sie unterstützte.
Jemand, der Gepflogenheiten, Strukturen, Reiche, Staatsgewalten, Geschichte und so weiter kannte.
Jemand mit Einfluss. Möglicherweise jemand aus den Reihen der Tigris.
Die Uhr tickte und die Zeit lief keineswegs pro Menschenwelt.
Hoffentlich erzielte die tigrische Forschungsabteilung alsbald einen gravierenden Durchbruch!
Und hoffentlich bekam der Maulwurf unter ihnen als letztes Wind davon!
Zu Freyas Überraschung legte der Allvater jeglicher Grausamkeit, Möchtegern Weltherrscher und Hyperarschgeige Ragna Tigris, seinem Sohn und ihrer Wenigkeit augenblicklich keine Steine in den Weg.
Im Gegenteil, das Oberhaupt der tigrischen Mafiafamilie unterstützte die Kämpfer, wo er konnte!
Woher sein Sinneswandel stammte, trotz dessen er Freya, mitsamt aller jemals existierender Draconis hasste, deckte sie noch nicht auf.
Momentan war sie froh darüber, auf Sizilien vorerst bleiben zu dürfen.
Dennoch traute sie ihm keinen Meter! Ragna verantwortete den Tod ihrer Eltern und ermordete zudem ihre Großmutter!
Das machtgierige Oberhaupt der Tigris schreckte vor nichts und niemandem zurück!
Bei ihrem letzten Besuch jagte er Freya zum Teufel. Nein, vielmehr plante er sie zu ihren Angehörigen zu schicken, zwei Meter tief unter die Erde! Dank Ermano misslang Ragnas Anschlag.
Danach brach der Tiger mit seinem Vater und das Arschloch von Erzeuger ließ seinen einzigen Sohn bei der folgenden Schlacht im Stich, gewährte ihm weder seine Hilfe noch jene seiner treuen Untertanen!
Eventuell bedauert Ragna seine Handlungen.
Andererseits fehlt ihm vielleicht nur ein Thronfolger.
Alternativ, wie Freya vermutete, tüftelte er an einer Geheimstrategie!
Totale Vernichtung!
So etwas in der Art.
Was auch immer Ragna Tigris beabsichtigte, sie würden es früher oder später erfahren.
„Gott sei Dank habt ihr das Anderwesen besiegt!“, keuchte Ethan atemlos.
Scheinbar setzten ihm die kreischenden Kinder ordentlich zu! Das arme Männchen wirkte extrem verbeult!
„Allerdings! Unser Anstandsknabe hier, machte sich schon in seinen Panzer!“, kommentierte Lisias augenrollend.
Genervt grunzte Freya.
„Wir wären deutlich schneller gewesen, wenn der feine Herr nicht rumtrödelte!“ - „Hört nicht auf sie, Männer! Unsere liebe Draconis ist derzeit schlichtweg unterzuckert!“, hakte Ermano ein.
Unzufrieden mit seinem Einwand boxte ihn Freya gegen den Oberarm. Beinahe brach sie ihre Faust an seinen harten Muskeln!
Die Schmerzen überspielend, sagte sie: „Leute, ich habe Hunger!“ - „Wovon? Ich erledigte vorhin die ganze Arbeit!“, erwiderte Ermano grinsend.
Bevor die Streithähne in gewohnte Zankereien verfielen, schlichtete Lisias lieber.
„Ich könnte ebenfalls einen Happen vertragen! Leute unterhalten ist anstrengender als gedacht!“ - „Öffnen die Restaurants schon so früh?“, fragte Ermano skeptisch.
Gewöhnlich aßen Italiener, gerade in den Sommermonaten, ab etwa 21 Uhr, nicht selten später.
„Wir können ja vorher ein Eis schlecken!“, empfahl Freya süffisant, selbstverständlich um Ermano zu provozieren.
Abermals grätschte Anguis dazwischen: „Nein, ich denke, das geht klar! Für Touristen bieten diverse Gastronomien außerordentliche Öffnungszeiten!“
Ethan eilte seinem Kumpanen zu Hilfe. Schließlich wollte er eine Auseinandersetzung der beiden Alphas vermeiden.
Wenn sie sich in ihren Tiergestalten an die Gurgel gingen, was gelegentlich mal vorkam, endete der Abend wenig spaßig!
Primär für Anguis und Testudo Graeca, die ihren Unrat hinterher wegräumen und Menschen irgendwelche logischen Erklärungen abgeben konnten!
„Verehrte Empress Draconis, anbetungswürdiger Master Tigris, ich suchte bereits einige, im Internet gut bewertete Läden. Die empfehlenswertesten filterte ich heraus. Wenn ihr gestattet, führe ich euch dahin!“ - „Unter einer Bedingung, Kröte“, diktierte Freya, baute sich vor Ethan auf, schaute ihm mit einem monströsen Blick in die Augen, welcher ihn zusammenzucken ließ. „Geh mir nicht auf meine imaginären Nüsse und spar dir gefälligst dein übertriebenes Gesabbere!“